Textversion (Darstellung kann durch Ihren Browser vergrößert werden).

Filigran dargestellte Szenen aus dem Leben Jesu

Die Entdeckung barocker Bilder in der Diedenbergener Kirche gelten als Sensation / Kredit für Restaurierung

Von Barbara Helfrich

Unter drei Schichten Farbe waren in der Diedenbergener Kirche barocke Bilder mit Szenen aus dem Leben Jesu verborgen. Bis zum 250-jährigen Kirchenjubiläum in zwei Jahren sollen sie freigelegt und restauriert werden.

HOFHEIM. Eine Sensation nennt Restaurateurin Andrea Frenzel die Bilder, die sie vor wenigen Tagen an der Empore in der Diedenbergener Kirche entdeckt hat. Sie habe nicht damit gerechnet, dass sich unter den Farbschichten figürliche Darstellungen verbergen, denn meist seien die Holzkassetten im Barock mit Blumenmustern bemalt worden oder sogar nur mit einer schlichten Marmorierung. Auch die Qualität der Bilder sei außergewöhnlich. Die Szenen aus dem Leben Jesu sind sehr filigran und mit vielen Details direkt auf das Holz gemalt, mit einer Kasein-Tempera, die aus Quark, 01 und Pigmenten gemischt wurde. Bemerkenswert ist laut Frenzel, dass vorwiegend Blautöne verwendet wurden. Denn blauer Farbstoff sei im Barock sehr teuer gewesen. Nach Ansicht der Restauratorin ist es ein Glück, dass die Bilder bei der vorigen Renovierung der Kirche vor rund 50 Jahren nicht frei gelegt wurden. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg hätten Restauratoren solche Bilder oft großflächig übermalt und damit verfälscht.

In Diedenbergen habe sich unter drei Farbschichten authentischer Barock" erhalten. Die Bilder gehören zur ursprünglichen Ausstattung des Gotteshauses, mit dessen Bau 1758 begonnen wurde. Zum ersten Mal überstrichen wurden sie Anfang des 19. Jahrhunderts, als aufgemalte Holzimitationen für das Kircheninnere in Mode kamen. Zwei weitere Farbschichten kamen laut Frenzel Ende des 19. Jahrhunderts und bei der Renovierung 1904 hinzu.

Die ersten Gemälde aus dem Barock hatte die Restauratorin bereits vor einem Jahr an der Chorwand der Diedenbergener Kirche ausgemacht. Dort wurde eine Darstellung des Apostels Simon bereits frei gelegt, die elf weiteren Jünger warten noch unter dem vergilbten Anstrich.

An der Empore hat Frenzel schon eine Hand voll Kassetten ganz oder teilweise frei gelegt. In einer sind Hirten zu sehen, die das Jesuskind in der Krippe anbeten, in einer anderen die Beschneidung des Gottessohns. Eine andere Darstellung zeigt, wie der Teufel Jesus in der Wüste versucht. Noch eine Woche hat Andrea Frenzel Zeit, an der Brüstung hoch über den Kirchenbänken nach weiteren Bildern zu suchen. Dann wird das Gerüst erst einmal abgebaut, weil die Kirche für eine Hochzeit gebraucht wird.

Bis zum 250. Jubiläum der Kirche im übernächsten Jahr sollen der Innenraum von Grund auf renoviert und die Barockmalereien komplett frei gelegt werden. Noch offen ist, was mit der Jesusfigur geschieht, die vor einem Jahr an der Decke des Kirchenschiffs entdeckt wurde. Das Bild aus dem frühen 20. Jahrhundert passt nach Ansicht des Landesdenkmalamts nicht in die Barockkirche. Doch den Plan der Denkmalschützer, sie deshalb wieder zu überstreichen, lehnen laut Ihrig viele Gemeindemitglieder ab.

Wie teuer die Renovierung wird, sei noch offen, sagte Ihrig. Die Diedenbergener Gemeinde müsse jedoch Kredite aufnehmen, um ihren Anteil zu zahlen. Denn durch die Restaurierung des Kirchturms vor einigen Jahren und durch den derzeitige Bau des neuen Gemeindezentrums seien ihre Finanzpolster aufgebraucht.

Bildunterschrift 1:

Mit Lösungsmitteln, Wattetupfern, Lupe und Skalpell entfernt die Restauratorin Andrea Frenzel an der Brüstung der Empore die Farbschichten, hinter denen sich Barockmalereien verbergen. Auf diesem Bild in der Diedenbergener Kirche sind Figuren, ein Gebäude und die Köpfe zweier Kamele zu sehen.

Bildunterschrift 2:

Noch bedeckt ein Farbschleier zur Hälfte das Detail aus der Beschneidungsszene.

(Bilder: Ilona Surrey)